Elisa Narloch, Geschäftsführerin des Stadtjugendrings (kurz: SJR) Aschaffenburg, spricht über Jugendbeteiligung, unbequeme Fragen und warum wir lernen müssen, wieder die richtigen Fragen zu stellen.
Junge Menschen haben oft viele Fragen, aber trauen sich nicht immer, diese zu stellen. Wie schafft der SJR Möglichkeiten, in denen Jugendliche offen ihre Fragen äußern können?
Wir setzen auf Peer-to-Peer-Ansätze, bei denen sich Jugendliche auf Augenhöhe begegnen, wie zum Beispiel durch unseren SJR-Vorstand. Moderierte Gesprächsrunden, anonymisierte Feedbackmöglichkeiten und die Zusammenarbeit mit erfahrenen Jugendleiter:innen fördern ein vertrauensvolles Umfeld. Wichtig ist, dass Jugendliche spüren, dass ihre Fragen ernst genommen werden.
Elisa Narloch ist Geschäftsführerin des Stadtjugendrings. Ihre aktuellen Hauptaufgaben sind: Beratung und Förderung der Jugendverbände, Gremienarbeit, Haushalts- und Jahresplanungsverantwortliche, Jugend- Politische – Bildungsarbeit, Jugendhilfeplanung.
Außerdem hat sie die Dienst- und Fachaufsicht gegenüber ihren Mitarbeiterinnen in den drei Einrichtungen (ABdate, Radio Klangbrett und Diversitätsbewusste Jugendarbeit). Ihre Motivation: Jugendlichen eine Stimme geben und sie bei ihrer Entwicklung begleiten!
Haben Sie konkrete Beispiele für diese Ansätze?
Voraussetzung sind offene, wertschätzende Möglichkeiten, in denen alle Meinungen gehört werden. Workshops, Jugendforen und informelle Treffen ermöglichen es jungen Menschen, ihre Themen und Fragen einzubringen, ohne bewertet zu werden. Zudem ermutigen wir durch interaktive Methoden wie Brainstorming oder kreative Projektarbeit dazu, Fragen zu stellen und eigene Lösungen zu entwickeln.
Welche Rolle spielen Fragen denn in der Jugendarbeit – sei es im Austausch mit Jugendlichen oder in Projekten?
Fragen sind der Schlüssel zur Bedürfnisorientierung. Im Austausch mit Jugendlichen helfen sie uns, ihre Anliegen und Perspektiven zu verstehen. In Projekten dienen Fragen eher als Antrieb, um kreativ zu werden oder Lösungen zu erarbeiten. So können sie Verantwortung übernehmen
Welche Fragen begegnen Ihnen in Ihrer Arbeit am häufigsten?
Häufig werde ich gefragt: „Wie können wir Jugendliche besser einbinden?“. Oder: „Welche Projekte plant der Stadtjugendring?“. Besonders spannend finde ich Fragen, die innovative Ansätze und aktive Mitgestaltung durch Jugendliche betreffen, weil das Engagement und Willen zur Zusammenarbeit zeigt.
Mit dem Älterwerden verlernen wir oft, wichtige Fragen zu stellen. Vor allem zeigen sich diese Probleme bei Themen, die politisch oder sehr persönlich sind. Glauben Sie, dass wir als Gesellschaft verlernt haben, die richtigen Fragen zu stellen? ist die Band jetzt okay? Passt das in unseren Zeitplan?
Ja, das denke ich, zumindest in Teilen. In unserer schnelllebigen Zeit, geprägt von Plattformen wie TikTok, werden uns in wenigen Sekunden zahlreiche Eindrücke und Antworten präsentiert. Alles ist sofort verfügbar, oft ohne Kontext oder tiefere Erklärung. Wenn wir uns daran gewöhnen, nur mit diesen kurzen, oberflächlichen Antworten zu leben, verlieren wir die Fähigkeit, den Hintergrund zu hinterfragen oder uns die wichtigen Fragen zu stellen. Das Problem ist, dass uns alles auf dem Silbertablett serviert wird – schnell, einfach, aber oft ohne Substanz. Um wirklich zu verstehen, müssen wir uns wieder Zeit nehmen, innezuhalten und die Geschichten hinter den schnellen Antworten zu suchen. Nur so können wir lernen, tiefergehende Fragen zu stellen und Zusammenhänge zu begreifen. Manchmal scheint es so, als ob wir mehr Wert auf schnelle Antworten legen, statt nach der Tiefe zu suchen. Fragen, die unbequem sind oder uns herausfordern, werden oft vermieden. Doch genau diese Fragen sind essentiell, um Veränderung und Fortschritt anzustoßen.
Welche Fragen „fehlen“ Ihnen im öffentlichen Diskurs, in der Jugendarbeit oder in der Politik?
Ich fange erstmal mit meinem Bereich an. In der Jugendarbeit fehlt oft die Frage: „Was brauchen junge Menschen wirklich?“ Im öffentlichen Diskurs und in der Politik vermisse ich Fragen wie: „Wie können wir nachhaltig für künftige Generationen handeln?“. Oder: “Wer wird durch unsere Entscheidungen ausgeschlossen?“.
Und wie soll man diese Fragen debattieren?
Wichtig wären mehr Runde Tische mit unterschiedlichen Akteur*innen – und keine Alibi-Veranstaltungen! Also Veranstaltungen, auf denen Menschen diskutieren, die von der Thematik eigentlich nicht betroffen sind. Wie, wenn Rentner über die Jugendkultur diskutieren, ohne mit Jugendlichen zu sprechen.
Zum Schluss: Haben Sie einen Tipp für Jugendliche, um bessere Fragen zu stellen? Oder sich überhaupt zu trauen?
Boah… schwierig. Ich glaube, neugierig und ehrlich sein! Wenn euch ein Thema wirklich interessiert und ihr das Gefühl habt, euer Gegenüber ist bereit mit euch zu sprechen – im besten Fall hat man bei sensiblen Themen eine Vertrauensbasis – dann fragt!
Manchmal ist eine einfache Frage wie „Warum?“ oder „Was können wir besser machen?“ wirkungsvoller als eine komplizierte.
Und für die Aschaffenburger: In unserer Jugendinformations- und Medienfachstelle „ABdate“, bekommt ihr immer Antworten oder Alternativen genannt.
Von: Paula Engelhard