Von Sicherheitsanweisungen bis Smalltalk: Fragen im Alltag einer Flugbegleiterin

Was Flugbegleiter:innen alles gefragt werden und wie sie darauf reagieren: Esther Krug gibt spannende Einblicke in die Fragen ihres Berufsalltags. 

Wie oft werden Sie in Ihrem Job mit Fragen konfrontiert?

Eigentlich auf jedem Flug mindestens zehn bis zwölf mal.

Sind Sie der Meinung, dass Fragen ein zentraler Bestandteil Ihres Berufs sind?

Ja, neben der Sicherheit. Viele Gäste reisen nicht so oft und kennen sich an Bord nicht so gut aus. Und dann stellen sie Fragen.

Welche Fragen hören Sie am häufigsten während eines Fluges?

Meistens geht es um den Anschlussflug, weil wir ja ganz oft Verspätung haben. Oder ob der Kapitän wartet, bis der Gast ausgestiegen ist und der Koffer da ist. Das kommt extrem oft vor.

Gibt es bestimmte Fragen, die fast jede:r Passagier:in stellt?

Ja. Fragen nach dem Anschlussflug und dem Koffer. Und wie die Toilettentür aufgeht. Also, ob das Schloss jetzt gedreht werden muss, das verstehen viele nicht.

Gibt es kulturelle Unterschiede bei den Fragen, die Passagiere stellen?

Die Muslime und die orthodoxen Juden wollen gerne noch beten. Die fragen immer nach Plätzen, auf denen sie Richtung Mekka beten können. Und wo Mekka ist, wann die Sonne aufgeht und wann die Sonne untergeht, weil sie nur dann essen dürfen.

Wie reagieren Sie auf Fragen, die Sie zum Schmunzeln bringen, oder auf sehr emotionale Fragen?

Ich versuche mit  zu lachen und empathisch zu reagieren. Auf dem letzten Flug ist die Katze einer Dame an Bord gestorben. Sie hat meine Hilfe gebraucht und gefragt, ob ein Tierarzt da ist. Ich habe dann sehr mitfühlend reagiert. Eigentlich habe ich mitgeweint, weil es ein Tier war, das gestorben ist.

Verändert sich der Umgang mit Fragen, wenn die Stimmung an Bord angespannt ist?

Ja, zum Beispiel während des Einsteigevorgangs. Da ist es meine Aufgabe, dass ich die Gäste erstmal anschaue, registriere und gucke, ob alle fit sind zum Fliegen. Wenn dann Fragen kommen, bin ich ein bisschen kurz angebunden und vertröste die Gäste auf später. Oder auch während der Sicherheitsvorführung: Da sollen alle zuschauen und bitte keine Fragen stellen.

Es verändert sich auch, wenn es zum Beispiel einen medizinischen Zwischenfall gibt. Dann sind die Kapazitäten auf den medizinischen Zwischenfall fokussiert und ich kann mich nicht darum  kümmern, ob jemand noch ein Glas Wein möchte oder ob er seinen Anschlussflug kriegt. In so einer Situation haben wir alle Schiss, sind angespannt und hoffen, dass alles gut ausgeht. Da sind uns der Koffer und der Anschlussflug scheißegal.

Wie gehen Sie mit Fragen um, die sich schwer oder gar nicht beantworten lassen?

Ganz ehrlich, da sage ich, darf ich nicht beantworten oder kann ich nicht beantworten – und lächle freundlich dazu.

Was sind für Sie die größten Herausforderungen im Umgang mit Fragen von Passagieren?

Dass man freundlich und mitfühlend ist. Manchmal sind die Gäste echt so nervig – und dann sollst du immer noch freundlich lächeln und ihnen eine Antwort geben. Das ist immer eine Gratwanderung. Manche fragen dich zehnmal das Gleiche und dann musst du beim zehnten Mal auch noch freundlich sein. Da reißt mir manchmal die Hutschnur. Dann schicke ich andere Kollegen hin.

Stellen Sie auch eigene Fragen im Berufsalltag? Wenn ja, welche? 

Ja, ich stelle Fragen zu den Themen , wie wir den Service machen, wie wir im Team arbeiten oder  wie wir mit Notfällen umgehen. Wir haben da so ein Heft, das heißt QRH. Da stehen Checklisten drin für Feuer, für medizinische Notfälle oder für die Evakuierung. Also wer wird als Erstes evakuiert, beziehungsweise wer ist dafür zuständig?  Wenn ich einen Gast sehe, der mir auffällig erscheint, frage ich auch meine Kollegen, ob er  ihnen auch auffällt, damit der Gast gleich schon in Frankfurt ausgeladen wird und nicht zu einem Problem an Bord wird.

Können Ihre Fragen dabei helfen, die Stimmung und Bedürfnisse der Passagiere besser einzuschätzen?

Ja, meine Fragen helfen, dass wir als Team besser funktionieren. Manchmal haben wir Kollegen, die sagen: „Ich arbeite nur Business“, „Ich  arbeite nur da“, „Ich  arbeite nur hier“ oder  „Ich  mache nur Getränke“.  Wenn man miteinander spricht und Fragen stellt, dann kann das Team gut zusammenarbeiten. Somit ist die Stimmung unter uns besser und das ist dann auch für die Gäste besser. 

Gibt es eine Frage, die Ihnen noch nie gestellt wurde, die Sie gerne mal hören würden?

Ehrlich gesagt, da fällt mir keine ein. Ich habe so viele Fragen schon gehört. Die fragen dich ja alles! Manchmal habe ich das Gefühl, die sehen dich und dann fragen die dich alles Mögliche: Wie ist das Wetter? Wo ist mein Platz? Kann ich hier pupsen? (lacht) Kann ich hier auf Toilette? Kann ich das? Kann ich jenes? Also, da gibt’s nicht eine Frage, die ich noch nicht gehört habe.

Welche Frage in Ihrem Beruf würden Sie gerne ein für alle Mal beantworten, damit sie nicht immer wieder gestellt wird? 

Tja, das ist schwierig, weil die Gäste nie zuhören. Du kannst zehnmal sagen „Wir haben keine Informationen zu Ihrem Anschlussflug” und sie fragen es immer wieder. Die hören nicht zu und sind nicht aufmerksam. Das wird nie funktionieren.

Wir geben schon ganz viele Antworten im Vorfeld der Ansage, da hört schon keiner zu. Die Fragen kommen danach alle nochmal. Sie haben ihren Kopf voll mit Terminen, mit dem Urlaub oder ob der Koffer aufgeht. Dann kümmern sie sich gar nicht um die Ansagen, die ihre Fragen vielleicht beantworten könnten.

Von: Jonathan Helm