Die Rolle von Weltanschauungsfragen: Ein Blick hinter die Kulissen der EZW

Zu einer Zeit, in welcher der Wunsch nach Individualismus seinen Höhepunkt hat, spielen alternative Glaubensmöglichkeiten eine entscheidende Rolle. Wöchentliche Kirchenbesuche sind Konfirmanden und Traditionals (Geb. 1922-1955) vorbehalten und Sekten Kulturen genießen unter anderem durch Social-Media eine wachsende Aufmerksamkeit. In einem Gespräch mit Katharina Portmann der EZW (Evangelische Zentrale für Weltanschauungsfragen) soll die Rolle und Relevanz von Weltanschauungsfragen beleuchtet werden.

Ich bin evangelisch und Mitglied der evangelischen Kirche. Das ist bei uns Voraussetzung, weil wir eine kirchliche Einrichtung sind. Wir beraten neutral und reflektieren die Strömungen aus evangelischer Sicht. Mein persönlicher Glaube spielt bei der Arbeit keine große Rolle. Ich agiere als wissenschaftliche Angestellte, und wie in der Wissenschaft zählt Professionalität mehr als persönliche Frömmigkeit.

Ja, das ist relativ generell. Atheismus ist auch eine Weltanschauung, da er die Existenz Gottes verneint. Humanistische Weltbilder sind ebenfalls weltanschaulich, aber nicht religiös. Weltanschauung umfasst also mehr als Religion, auch areligiöse Strömungen. Mein persönliches Interesse führte mich in diese Richtung. In meiner Masterarbeit befasste ich mich mit christlichem Fundamentalismus, einer kritikwürdigen Strömung. Mein Studium fokussierte sich immer auf gegenwärtige Entwicklungen von Religionen.

Prinzipiell nutzen wir den Begriff „Sekten“ selten, da er ungenau ist. Zeugen Jehovas, Shincheonji oder Heavens Gate fallen alle darunter, obwohl sie wenig verbindet außer der Bezeichnung. Der Begriff ist auch negativ behaftet, was die Arbeit beeinflusst. Neutralität ist wichtig, um produktiv und fair zu bleiben. Wir sprechen stattdessen von neureligiösen Bewegungen oder Sondergemeinschaften, wenn eine Lehre vom Mainstream abweicht. Zum Beispiel sehen Mormonen ihr Buch Mormon als heilig, was die evangelische Kirche nicht anerkennt. Trotzdem sind viele Mormonen einfach gläubige Christen, nicht problematische Sektenmitglieder.

Eine differenziertere Herangehensweise wäre gut. Ich kenne viele Zeugen Jehovas, die sehr nette Menschen sind, trotz mancher problematischer Glaubensinhalte. Würde ich sie sofort als „Sektierer“ bezeichnen, wäre keine Gesprächsgrundlage gegeben. Ähnlich ist es, wenn Andere die evangelische Kirche kritisieren – das sollte auf Fakten basieren, nicht auf Mythen. In der Schule sollten demokratische Werte vermittelt werden, ohne zu verteufeln. Ein neutralerer Umgang macht Glaubensgemeinschaften weniger reizvoll für Jugendliche.

Etwa die Hälfte der Anfragen kommt von Privatpersonen, die sich in einer Gruppe unwohl fühlen oder sich um Angehörige sorgen. Manchmal fragen Menschen auch, ob Zeugen Jehovas an der Tür klingeln dürfen. Die andere Hälfte sind Journalisten, die z. B. über Shincheonji recherchieren, oder kirchliche Anfragen zu neuen Glaubensgruppen in der Region. Lehrer fragen, wie man mit Schülern aus Glaubensgemeinschaften umgeht, die z. B. keine Geburtstage feiern. Wir beraten oder verweisen an regionale Beauftragte.

Telefonisch, per E-Mail oder persönlich, je nach Situation. Landesbeauftragte übernehmen oft seelsorgerische Gespräche, etwa bei Angehörigen, die unter dem Einfluss von Glaubensgruppen leiden. Persönliche Treffen sind möglich, und kaum ein Pfarrer verweigert solche Gespräche.

Ja, sehr gerne. Wir freuen uns immer über den Kontakt mit Journalisten.