„Manche Fragen beantworten zu müssen, ist echt unangenehm.“

Wenn ein Bewohner zum Beispiel eine Frage an eine Behörde hat, gibt es da verschiedene Möglichkeiten. Entweder sie versuchen da persönlich hinzugehen und ihre Frage vorzubringen. Oder wir unterstützen dabei ein Schreiben hinzuschicken. Wir helfen zu formulieren und sie unterschreiben es. Aber immer mit der Erklärung, dass sie das unterschrieben haben und das in ihrem Namen passiert. Am Ende können die Geflüchteten selbst entscheiden, ob sie das machen wollen oder nicht.

Das haben wir vor allem bei Familien. Wenn es innerhalb der Familie Schwierigkeiten gibt und sie uns um Hilfe fragen. Dann versuchen wir, neutral zu bleiben, weil wir für alle Ansprechpartner sein wollen. Bei solch emotionalen Themen zu vermitteln, ist immer ein bisschen herausfordernd. Aber meistens machen wir das dann gemeinsam im Team.

Es gibt manchmal sehr spezielle Fragen. Mit manchen Dingen haben wir täglich zu tun. Aber manchmal gibt es auch sehr spezielle Situationen, weil wir alle Menschen in unterschiedlichen Situationen aufnehmen. Ob das psychisch kranke Menschen oder vielleicht auch junge Flüchtlinge sind, die ohne ihre Eltern da sind. Da geht es dann beispielsweise um die Vormundschaft. In solchen Fällen müssen wir teilweise spezielle Anträge ausfüllen, die nicht alltäglich vorkommen. Da muss ich dann entweder selbst nochmal nachlesen oder die Kollegen und Kolleginnen fragen. Für manche Sachen sind wir einfach nicht zuständig, zum Beispiel dürfen wir keine Rechtsberatung geben. Deshalb dürfen wir nicht zum Asylverfahren beraten. Das müssen wir entweder an einen Anwalt abgeben oder an Beratungsstellen verweisen.

Die meisten Missverständnisse basieren schon auf der Sprachbarriere, weil wir keine Dolmetscher haben und wir leider auch nicht jede Sprache im Team abdecken können. Deswegen benutzen wir dann elektronische Übersetzungsgeräte, die nicht immer so gut funktionieren. Aber es kommt schon auch manchmal zu Missverständnissen, weil die Bewohnenden das System nicht kennen, was für uns selbstverständlich ist.

Mir sind immer Fragen sehr in Erinnerung geblieben, wenn Bewohner keine Wohnung finden. Manchmal kommen von den Vermietern sehr diskriminierende Antworten. Zum Beispiel: „Du bist Moslem, du hast keine Chance, die Wohnung zu bekommen.“ Da versuchen wir immer den Bewohnenden eine Antwort darauf zu geben, warum der Vermieter sowas schreibt. Aber da können wir keine gute Antwort drauf geben. Das ist sehr unangenehm. Vor allem, weil solche Diskriminierung gesetzlich verboten ist. Die Bewohnenden wollen gerne schnellstmöglich ausziehen, weil es nicht unbedingt schön ist, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu leben.

Beides. Richtige Fragen kommen eher von den Bewohnern. Manchmal muss ich mit Bewohnern Anträge ausfüllen, die selbst nur wenig Deutsch sprechen. Dann muss ich natürlich ganz viel fragen, um die Sachen richtig eintragen zu können. Wir fragen die Bewohnenden auch proaktiv, was ihre Ziele sind. Vor allem, wenn sie neu eingezogen sind, ob sie erstmal einen Sprachkurs oder eine Ausbildung machen wollen. So zeigen wir ihnen verschiedene Möglichkeiten auf.

Hauptsächlich stelle ich mir sehr viele Fragen bezüglich der Behörden. Da fragt man sich manchmal, wie Bewohnende, die seit vier Monaten bei uns wohnen, noch keinen Ausweis bekommen haben. Eigentlich soll das direkt erfolgen. Wenn wir dann nachfragen, bekommen wir meist gar keine Rückmeldung. Es gibt viele Dinge, die lange Zeit brauchen. Da frage ich mich oft, wie ich das vielleicht beschleunigen könnte.

Die Menschen sollten sich mal ernsthaft fragen, was passieren müsste, dass sie diesen Weg auf sich nehmen und ihre Heimat verlassen würden. Eine so gefährliche Reise in ein neues Land mit einer fremden Sprache hinter sich zu bringen. Ein Land, wo ich das System nicht kenne, keine Familie, keine Freunde habe und meine Ausbildung oder Studium vielleicht nicht anerkannt wird. Die Leute sollten sich fragen, wie es ist, von Null anzufangen, bevor sie sagen, die Menschen wären alle ohne Grund hier. Oder nur wegen des Geldes. Ein bisschen Selbstreflexion würde der Gesellschaft guttun.

Die erste Frage ist, warum die Asylverfahren so lange dauern. Viele Menschen warten jahrelang auf eine Antwort, obwohl schon anhand des Herkunftslandes relativ wahrscheinlich ist, dass sie einen Aufenthaltstitel bekommen werden. Sie verschwenden hier Zeit, in der sie sehr eingeschränkt leben und keine Klarheit über ihre Zukunft haben. Die zweite Frage ist, warum der Zugang zum Arbeitsmarkt so schwer gemacht wird. Alle Bewohnenden, die noch nicht anerkannt sind, müssen jede Arbeit vorher von der Ausländerbehörde genehmigen lassen und das dauert teilweise echt lange. Manchmal wird es auch gar nicht genehmigt. Was ich nicht verstehe, denn so müssen die Bewohnenden weiter vom Staat finanziert werden. Das wollen sie selbst nicht und es ist auch super teuer für den Staat. Es ist teilweise schwierig den Bewohnenden klarzumachen, dass wir als Sozialarbeitende an diesen Dingen oft nichts ändern können, sondern es systematisch bedingt ist. Es ist ja keine Böswilligkeit von uns. Das müssen wir manchmal sehr ausführlich erklären, damit sie das verstehen.