„Warum ist das so?“ – Ein Nachhilfelehrer über die Kunst des Fragens

Fragen sind der Schlüssel zum Lernen – aber was macht gute Fragen aus, und wie bringt man Schüler dazu, selbst neugierig zu sein? Ein 22-jähriger Nachhilfelehrer erzählt, worauf es besonders ankommt und warum in der Nachhilfe andere Fragen gestellt werden als in der Schule.

Die richtigen Fragen sind die, die ein Problem klar auf den Punkt bringen. Zum Beispiel: Wenn ein Schüler in Mathe Schwierigkeiten hat, frage ich nicht nur „Hast du es verstanden?“, sondern eher „Was genau verwirrt dich hier?“. So kommen wir schneller zur Wurzel des Problems. Statt zu fragen „Hast du Hausaufgaben auf?“, frage ich mittlerweile nur noch „Was sind deine Hausaufgaben für heute?“. Denn es war oft so, dass die Kinder einfach „Nein“ geantwortet haben, nur um weniger Arbeit zu haben. Mit der neuen Frage fällt es ihnen nicht mehr so leicht, mich anzulügen – das hoffe ich zumindest.

Meistens stelle ich Verständnisfragen wie „Warum denkst du, dass das so ist?“ oder „Wie würdest du das in deinen eigenen Worten erklären?“ Diese Fragen helfen mir zu sehen, ob sie wirklich das Konzept verstanden haben oder nur raten oder abgeschrieben haben. In der Schule schauen die meisten Lehrer nicht so genau hin, das können sie auch gar nicht bei so großen Klassen.

Das merkt man an der Art, wie sie antworten. Wenn die Antwort zögerlich ist oder einfach nur ein Wort wie „Ja“, hake ich nach. Oft lasse ich sie auch ein Beispiel geben oder den Lösungsweg erklären – da kommt dann raus, ob sie es wirklich verstanden haben.

Dumme Fragen gibt es nicht, das sage ich meinen Schülern immer wieder. Aber es gibt Fragen, die schwer zu beantworten sind, wie: „Warum brauche ich das später überhaupt?“ Da geht es weniger um Wissen als um Motivation – und das ist oft schwieriger zu erklären. In der Nachhilfe sitzen die wenigsten Kinder freiwillig – da ist es nicht nur meine Aufgabe, Wissen beizubringen, sondern auch ein wenig Spaß beim Lernen zu vermitteln.

Das kommt tatsächlich oft vor, gerade in der Gruppen-Nachhilfe. Da sitzen oft verschiedene Altersklassen zusammen, Grundschüler, Abiturienten oder auch Berufsschüler – manchmal auch noch in verschiedenen Fächern, je nachdem, was die Schüler mitbringen. Das ist dann schwierig, ich kann mich vor den Stunden ja auch nicht in die Themen reinlesen – ich kenne sie ja nicht. Ich sage dann ehrlich: „Gute Frage, das weiß ich gerade nicht.“ Und dann suchen wir die Antwort gemeinsam, googlen oder lesen im Buch nach. Ich finde, es ist wichtig, den Schülern zu zeigen, dass auch Lehrer nicht alles wissen.

Manchmal entstehen Gespräche unter den Schülern – die lasse ich meist auch zu. Oft wird dann über Neuigkeiten gesprochen, oder Konflikte, die es gerade so auf der Schule gibt. Manchmal werde ich dann auch nach meiner Meinung gefragt. Das fällt mir oft schwer – ich möchte ja keinem eine Agenda aufdrücken oder so, ich versuche dann möglichst neutral zu bleiben.

Weil Fragen der Schlüssel zu echtem Verständnis sind. Wer fragt, denkt auch wirklich aktiv nach. Ohne Fragen bleibt alles theoretisch und meist auch unvollständig – und das bringt niemanden weiter.

Ich sage immer: „Wenn du keine Fragen stellst, bedeutet das, dass du alles weißt – oder nichts verstehst.“ Meistens fangen sie dann an zu fragen. Es hilft auch, ein Umfeld zu schaffen, in dem sie keine Angst haben, sich zu blamieren. Die Gruppennachhilfe ist da ein guter Ort, habe ich bemerkt. Die Schüler merken, dass sie nicht allein mit ihren Fragen sind, und sind mutiger beim Nachhaken, als es bei der Einzelnachhilfe der Fall ist.

Ja, das passiert oft. Viele haben Angst, „dumm“ zu wirken. Oder sie sind sehr schüchtern, oder haben einfach keine Lust. Ich versuche, die Atmosphäre locker zu halten und zeige, dass ich selbst auch manchmal Fehler mache. Das nimmt manchen den Druck.

Auf jeden Fall. Jüngere Schüler fragen oft nach dem „Wie?“ – sie wollen die Methode verstehen. Ältere fragen häufiger nach dem „Warum?“ – sie hinterfragen die Dinge mehr – gerade wenn auch eine wichtige Prüfung wie das Abitur ansteht. Dann wollen sie es auch zu 100 Prozent verstehen, und es nicht nur über die nächsten Hausaufgaben schaffen.

Das passiert selten, aber wenn, dann versuche ich ruhig zu bleiben und es sachlich zu klären. Oft steckt hinter solchen Fragen eher Frustration als wirkliche Kritik. Sie versuchen dann, meine Arbeit ins Lächerliche zu ziehen oder wollen private Dinge wissen. Wenn man solchen Dingen die kalte Schulter zeigt, lassen sie auch schnell wieder nach.

Ich lerne, geduldiger zu sein und Themen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Oft gibt es mehr als nur einen richtigen Lösungsweg. Manche Fragen sind auch so unerwartet, dass sie mich selbst zum Nachdenken bringen.

„Warum ist das so?“ Diese Frage treibt die Welt voran. Gerade jüngere Schüler sollten diese Frage oft stellen, so können sie herausfinden, was ihnen Spaß macht und was sie einmal nach der Schule machen möchten.