36 Fragen, 4 Minuten anschließender Augenkontakt ohne zu reden und zack – man ist verliebt? Darum geht es in einem 1997 veröffentlichten Experiment des Wissenschaftlers Arthur Aron.
Die richtigen Fragen zu stellen ist oftmals viel wichtiger als die eigentliche Antwort auf diese, so wird es ja oft für Interviews vermittelt. Aber trifft das auch auf die Liebe zu?
Der amerikanische Wissenschaftler Arthur Aron würde wahrscheinlich zustimmen. Denn er veröffentlichte 1997 eine Studie, in der es um die Frage geht, ob man nur durch 36 Fragen und anschließendem vierminütigen Augenkontakt zwei Menschen dazu bringen könnte, sich zueinander hingezogen zu fühlen und im besten Falle sich sogar ineinander zu verlieben. Und laut Arons Ergebnissen ist dies sogar möglich. Die im Experiment gestellten Fragen kann man hier einsehen.
Aber sind diese Fragen fast 30 Jahre später noch aktuell? Dazu wurde eine Umfrage durchgeführt, in der 40 Personen von 17 bis 39 Jahren befragt wurden, um herauszufinden, welche Fragen und Themen bei einem ersten Kennenlernen für die Personen am relevantesten sind und welche eher von den Befragten gemieden werden. Rund drei Viertel der Teilnehmer:innen waren weiblich.
In der Umfrage wurden die Teilnehmer:innen dazu aufgefordert, drei Fragen anzugeben, die sie bei einem ersten Date als essentiell erachten. Die Hälfte der Befragten (50 Prozent) erachtete die Frage nach den Hobbys und Interessen beziehungsweise Freizeitaktivitäten als am wichtigsten. Damit war dies die meistgenannte Frage. Danach folgte die Frage nach den Lebenszielen und Zukunftsvorstellungen (42,5 Prozent) und darauf die Frage nach der aktuellen Karriere und der zukünftigen Karriereplanung (25 Prozent). Fragen über Familienplanung, persönliche Werte, Vorstellungen von einer Beziehung sowie die politische Einstellung wurden ebenfalls öfter angegeben.
Bei den Tabuthemen beim ersten Date konnte man feststellen, dass zwei Aspekte am meisten angegeben wurden: Ex-Partner:innen / Ex-Beziehungen (32,5 Prozent) und sexuelle / intime Themen (30 Prozent). Diese waren dicht gefolgt von Fragen nach dem Einkommen, dem Bodycount und politischen Themen.
Vergleicht man nun die angegebenen Fragen mit jenen aus dem Experiment, fällt auf, dass es kaum Übereinstimmungen gibt. Während den Befragten vor allem Themen, wie Interessen und Lebensziele wichtig sind, wurde im Experiment ein großer Fokus auf tiefgründige Fragen gelegt, wie zum Beispiel: Wofür bist du am meisten dankbar? Was bedeutet dir Freundschaft? Wann hast du das letzte Mal vor jemandem geweint? Solche Fragen sollen laut dem Experiment dem Gegenüber den Charakter der antwort gebenden Person offenlegen und einen guten Einblick in die Persönlichkeit geben. Dabei werden allerdings Fragen über Familienplanung, Karriere und auch Interessen komplett ausgelassen. Hier stellt sich nun die Frage:
Haben sich die Prioritäten einfach mit der Zeit gewandelt?
Laut der durchgeführten Umfrage lässt sich dies durchaus vermuten. Heutzutage gibt es beispielsweise viele Frauen, die keinen Kinderwunsch haben und sich eher auf ihre Karriere fokussieren möchten. Das ist ein Aspekt, den es von Anfang an zu klären gilt, denn man muss sich mal vorstellen: Zwei Menschen verlieben sich, machen Zukunftspläne, wollen heiraten. Und nach einiger Zeit stellt sich heraus, dass eine Person von Anfang an keine Kinder wollte und die andere schon. Beide haben aber weder beim ersten Date noch danach offen über ihre Wünsche gesprochen. So kommt es dann zu einer Trennung. Es liegt also nahe, solche grundsätzlichen Dinge direkt von vornherein miteinander zu klären. Dies scheint auch den Befragten durch ihre meistgenannten Antworten in der Umfrage wichtig zu sein.
In der Umfrage gab es zusätzlich eine Frage, ob sich die Art der Fragen beim ersten Kennenlernen für die jeweilige Person im Gegensatz zu früher verändert hat. Während rund 43% der Befragten keine Änderungen feststellen konnten, gaben einige der Teilnehmenden an, im Gegensatz zu früher tiefgründige Fragen über den Charakter eines Menschen zu stellen. Auch sei es vielen wichtig, die Lebensumstände und weitere Ziele im Leben zu klären, um herauszufinden, ob man auf einer Wellenlänge liegt.
Also ist es jetzt auch heutzutage noch möglich, sich nur aufgrund von den richtigen Fragen in eine Person zu verlieben? Das lässt sich nicht so einfach beantworten. Während gut durchdachte Fragen sicherlich einen Schubs in die richtige Richtung geben können, spielen Dinge wie Anziehung und Ästhetik dabei auch eine nicht unwichtige Rolle. Sich nur durch die 36 Fragen aus dem Experiment des Wissenschaftlers Arthur Aron zu verlieben, ist demnach im 21. Jahrhundert wahrscheinlich nicht mehr so einfach. Kinderwunsch, Karriereplanung, Art der Beziehung, politische Anschauung… all das sind Dinge, die heutzutage einen immer größeren Stellenwert einnehmen und es von daher denkbar ist, dass ein kompatibler Charakter oder die gleichen Interessen nicht mehr für eine Beziehung in der modernen Welt ausreichen.
Allerdings sind die 36 Fragen bestimmt eine gut geeignete Möglichkeit, seinen Gegenüber und vielleicht sogar sich selbst besser kennenzulernen. Die große Liebe nur durch das gegenseitige Beantworten von Fragen zu erwarten, sollte man aber besser nicht. So einfach ist es nun doch nicht.
Von: Sophia Sibirski