„Einfach austreten geht allein aufgrund der Isolation nicht.“

Die koreanische Neuoffenbarungsreligion Shincheonji [Neuer Himmel, neue Erde], wurde 1983 von Man-Hee Lee gegründet und hat seinen Hauptsitz in Seoul. Lee versteht sich selbst als unsterblichen Pastor der Neuzeit und empfängt neue Mitglieder stets mit offenen Armen.  

Dieser Beitrag soll einen Überblick über die Machenschaften der Shincheonji bringen und anhand von Beispielen Gefahren sowie Hilfsmöglichkeiten beleuchten.

Man-Hee Lee wurde 1931 in Südkorea geboren. Nach einem Traum seines Großvaters, in dem bei einer Tagesfinsternis ein helles Licht auf seine Tochter schien, bekam er der Namen Man-Hee, übersetzt, das umfassende/aufhellende Licht. Er stammt nach eigener Aussage aus einer Familie von koreanischen Königen, betont trotzdem häufig aber seine Abstammung aus armen und ländlichen Verhältnissen. Schon als Kind betete er täglich mit seiner Familie, bis ihm eines Tages ein großer Stern und kurz darauf eine Person aus dem Himmel begegneten, so behauptet zumindest Lee. Er schrieb Gott ein Gelöbnis der Hingabe mit seinem eigenen Blut und musste zahllose Entbehrungen durchstehen (Zitat von der Shincheonji-Webseite).

Nachdem er 1948 „ohne Glaube“, getauft wurde, bewegte er sich immer wieder zwischen verschiedenen religiösen Gruppierungen, bis er 1983 seine eigene Bewegung startete. 

Die Glaubensinhalte und Kommunikation der Shincheonji:

Lee genießt großes Ansehen unter seinen Mitgliedern und wird als der einzige befugte Interpret der Bibel verstanden. Er ist nach eigener Aussage und Verständnis der Shincheonji unsterblich und dient als Vermittler zwischen dem Himmel und der Erde. Anhänger der Sekte versprechen sich ein ewiges Leben in Frieden und glauben an dieeine Verdammnis aller Ungläubigen. Da die Sekte mittlerweile nicht mehr nur in Korea zu finden ist, zeigt sich Lee häufig in Interviews, hält reden und richtet sich über die Webseite der Shincheonji auf EEnglischer Sprache an seine Mitglieder. Jährliche Zeremonien für Absolventen des Lernprogramms, sowie neue Mitglieder werden auf Youtube live gestreamt. Und auch auf der Webseite der Shincheonji Frankfurt findet man die gesamte Liveübertragung im zeitnahen Anschluss mit deutscher Übersetzung.

Die Shincheonji wird häufig als tückisch bezeichnet, denn ihre Art und Weise neue Mitglieder zu rekrutieren ist nicht immer auf den ersten Blick erkennbar. Man wird von Freunden oder Bekannten, aber auch online über Emails oder DMs angesprochen und zu Bibelkurse und Sitzungen eingeladen. Nach und nach werden diese Kurse immer enger mit der Sekte verstrickt und die Inhalte weg von dem tatsächlichen christlichen Glauben und an die Shincheonji angepasst. Das ganze passiert, Erfahrungsberichten zufolge, so unauffällig, dass man sich plötzlich inmitten der Organisation wiederfindet. Das eigene soziale Umfeld wird einem verboten und Verpflichtungen wie wöchentliche Veranstaltungen binden Mitglieder an die Bewegung. Sophie Reinisch, eine Sektenaustreterin,  sagt in einem Interview mit Welt.de, „Man muss Tag und Nacht zur Verfügung stehen, Berichte darüber abgeben, wie viel missioniert wurde und was für Erkenntnisse einem gekommen sind“. Die vorerst harmlos erscheinende Bibelgruppe wird zum Vollzeitjob ohne Fehl- und Krankheitstage. Hält man sich nicht an die Vorgaben und Pflichten, wird der Druck erhöht. Einem selbst, sowie der eigenen Familie wird wortwörtlich mit der Hölle gedroht.  

Katharina Portmann, Referentin bei der EZW (Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen), geht im Interview mit mir ebenfalls auf Sektenaustreter ein. „Einfaches Austreten geht einfach aus dem Grund schon nicht, weil viele der jahrelangen Mitglieder nur noch sehr wenige, bis gar keine sozialen Kontakte nach außen haben.“ Da die Sekte einem alle Beziehungen aberkennt, brechen Mitglied er häufig sogar sämtliche Kontakte innerhalb der eigenen Familie ab um ihr Leben der Religion zu widmen, eine Erfahrung die in nahezu allen Erfahrungsberichten nachgelesen werden kann. Katharina betont zwar, dass ihr keine Art der physischen Gewalt bekannt sei, der psychische Druck gegenüber Aussteigern jedoch enorm ist. Mitglieder rufen ständig an und warten sogar an der Tür, immer präsent, aber distanziert genug um keine Gesetze, wie das Verbot von Stalking, zu brechen. Sekten, oder wie sie im Zusammenhang mit Weltanschauungsfragen genannt werden: Bewegung, werfen häufig Fragen auf. Der Begriff ist negativ behaftet und mit Angst verbunden. Um hier ein wenig Klarheit zu schaffen, hat sich Katharina Portmann der EZW  bereit gestellt, die häufigsten Fragen zusammenfassend zu beantworten. 

Anlaufstellen wie die EZW stehen für Beratungen stets zur Seite, aber auch andere Hilfsmöglichkeiten wie der Pfarrer der eigenen Gemeinde können hierzu häufig Auskunft geben oder wenigstens naheliegende Berater empfehlen. 

Häufig möchte man ja vielleicht nicht mit der eigenen Familie sprechen, oder hat zu ihnen aufgrund der Sekte keinen Kontakt mehr. Daher macht es bei dem Wunsch um Seelsorge Sinn direkt einen Psychologen oder vielleicht den örtlichen Pfarrer um Hilfe zu bitten.  Bei der Suche nach dem richtigen Ansprechpartner können Referenten auch immer helfen!

Die Shincheonji ist keine koreanische kleine Gruppierung mehr, sondern ist in den vergangenen Jahren zu einer weltweiten Sekte herangewachsen. Mit ihrem Leader, Lee Man-Hee hoffen sie auf ein besseres Leben im Himmel und lehnen ungläubige Menschen prinzipiell ab. Besonders auf Social-Media kommunizieren sie mit Mitgliedern weltweit und genießen ein exponentielles jährliches Wachstum. Auch wenn man nicht direkt Angst vor der Sekte haben muss, sollte man sich über ihre Existenz bewusst sein und auch Anlaufstellen wie die EZW bei Fragen in Anspruch nehmen.